Montag, 21. November 2011

Cherry Bomb und Marrybess proudly present: Siebdruck hinter den Kulissen. - Teil 3 der Siebvorbereitung: Das Belichten

Gut Ding will Weile haben…Ich fasse kurz zusammen: In der Vorgeschichte zum Siebdruck-erklärungsprozess habe ich euch erläutert, wie es zur Zusammenarbeit mit der Frau Bäss kam, die mir beim Entwurf des Schachbrett-motivs und beim Drucken und Fotografieren geholfen hat. Teil 1 der Siebdruckvorbereitung befasste sich mit dem Entschichten und Entgeistern eines gebrauchten Siebs. Im 2. Teil der Siebvorbereitung habe ich euch gezeigt, wie man das „entleerte“ Sieb beschichtet. Und heute ist das Belichten an der Tagesordnung, also hoffe ich, dass mir ein Licht aufgeht, wie ich das am besten erkläre…

Was braucht man zum Belichten eines Siebes und was heißt Belichten überhaupt?

Beim Belichten „festigt“ man ein Motiv durch starke Lichteinwirkung auf ein von einer licht-empfindlichen Schicht versehenes Sieb. Das Motiv, das rein schwarz ist, schützt ähnlich wie eine Sonnenbrille die Schicht dahinter, die nicht abhärten kann und sorgt an den Stellen, wo keine Sonnenbrille die „Siebhaut „schützt für eine Art Sonnenbrand, wodurch die Siebschicht hart und ledrig wird wie ein sonnenbankgebräunter Macho. Da wo kein Sonnenbrand ist, ist die Haut weich und Creme kann einziehen. An den krebsroten Stellen prallt die Creme wie Wasser auf einer Ölschicht ab. Capito?

Also, im Klartext: das Sieb wird durch das Belichten aufgeteilt in farbdurchlässige und farbundurchdringliche Stellen. Wo das Motiv ist/war, kommt kein Licht durch, ergo: die Schicht dahinter härtet nicht ab und kann mit Wasser ausgespült werden. Wo kein Motiv ist/war, das vor Licht schützt, wird die Schicht hart und kann nun nicht mehr ausgewaschen werden. Durch die „weichen“ Stellen ohne abgehärtete Schicht druckt man die Farbe, wodurch das Motiv auf das Textil erscheint und um das Motiv herum ist eine feste Schicht, durch die keine Farbe durchgeht.

Wenn man viel Zeit hat, kann man sich auch die Sonnenbank sparen und sich direkt in die Sonne legen. Dauert dann nur etwas länger, bis man braun ist. So ist es auch mit dem Belichten. Man kann im Prinzip mit einer handelsüblichen schwedischen Lampe auch zu Hause belichten. Das dauert dann aber gerne mal 24 Stunden. Eine gut ausgestattete Werkstatt bietet den Komfort, diesen Prozess zu beschleunigen, indem man das Ganze auf sage und schreibe 10 Minuten komprimiert.

Wir arbeiten immer noch mit gelbem Licht, wie bereits beim Beschichten, denn die Siebschicht ist immer noch sehr lichtscheu und soll sich erst erschrecken, wann WIR das wollen.

Ich beschleunige die ganze Erklärerei mal ein wenig, denn nun wird’s ein bisschen langweilig… Ihr könnt nebenher auch gerne eure Buchhaltung machen, Wäsche bügeln oder ein Hörbuch hören. Ich sage euch Bescheid, wann ich fertig bin…

Der Belichtungstisch, auch Vakuumtisch genannt, ist zweigeteilt in einer Seite mit einer Glasplatte und in einer gummierte Seite und lässt sich in eine horizontale sowie in eine vertikale Position stellen, je nach Arbeitsschritt. Für die Platzierung des Siebs auf den Belichtungstisch brauchen wir die horizontale Position, damit die Arbeitsmaterialien nicht herunterrutschen. Man lege die Vorlage so wie sie gedruckt werden soll auf die Glasplatte. Idealerweise lässt man die Platte vorher von einem nackten Fensterputzer säubern (zumindest an Dirty Donnerstagen… LOL), wahlweise greift man selbstständig zum Fensterreinigungsmittel und Zeitungspapier zum Entfernen alter Schichtreste. Dann kommt das beschichtete Sieb zum Einsatz, legt man also oben auf die Vorlage. Der obere Teil des Vakuumtischs klappt man nun herunter. Nein, Moment… vorher noch die Erdungsschnur ins Sieb legen, es sei denn, ihr habt eine gute Hausratsversicherung, aber die würde ich dann doch gerne vorher sehen, denn ohne Erdung haben wir nicht nur eine große Glasplatte, sondern gaaaaaaaaaaaanz viele kleine!!!!! Nun schließen wir beide Teile und schalten die Vakuumfunktion des Tisches ein. Sobald die gummierte Seite des Tischs sich eng verschlungen mit dem Sieb zeigt (ja, das ist ein sehr intimer Vorgang… gucken Sie also nicht zuuuuuuuu genau hin. Das ist dem Sieb immer ein bisschen peinlich…). Wir warten also ein paar Minuten, bis die beiden ihre Sauerei zu Ende geführt haben und drehen den Tisch nun hochkant. Und zwar mit der Glasplattenseite in unserer Richtung, sonst können wir uns gerne bald wieder wundern, warum kein Motiv auf dem Sieb erscheint…

Jetzt holen wir unseren Superhelden „The Superlamp“, eine sogenannte Metallhalogenid-Lampe mit einer Leistung von 3000 bis 6000 Watt. Das soll ihm die olle Ikea-Lampe mal nachmachen!!!!! Unser Superheld ist zwar jederzeit einsatzbereit, aber er muss immer vorher seine Muskeln kurz aufwärmen. Ist ja klar, wenn man in den Boxkampf geht, muss man auch vorher ein paar Mal auf der Stelle strampeln, bevor man zuhaut! Unseren Superheld wärmt sich natürlich in der Zeit, wo das Sieb sich gerade mit der Gummiplatte vergnügt, auf… Seine Zeit ist schließlich wertvoll…

Ok, alle fertig? Gut, dann belichten wir. Der Vakuumtisch steht aufrecht und hält ihre Glasplatte hoch erhoben Richtung Gegner. Der vorgewärmte Favorit fängt langsam an zu glühen und… Wir Zuschauer außerhalb des Rings müssen in dieser Phase LEIDER weggucken, es sei denn, ihr legt Wert darauf, bald einen Behindertenausweis mit euch zu tragen, weil ihr euer Augenlicht verloren habt… Ohne Zeugen schafft unser Superheld es also auf glorreiche Art und Weise das Motiv auf das Sieb zu belichten… Moment… Das Endergebnis ist noch nicht eindeutig… Es ist noch kein Motiv auf dem Sieb zu erkennen. Wir gehen in die Auswertung.

Die Jury hält den Wasserstrahl ans Sieb und das eindeutige Ergebnis erscheint: Superlamp hat gewonnen. Das Motiv erscheint nun auf das beschichtete Sieb.




Sehen Sie selbst:

Fertig!

Oh, ich habe heute gar nicht die Kindergruppe, der ich das Siebdrucken erklären musste… äh… Ok, dann lösch ich mal eben den Beitrag oben und erzähle euch die staubtrockene Erwachsenen-version… Moment, ich hab’s gleich…

Und das Föhnen nicht vergessen… Das machen wir dann in der Zeit, wo Superlamp seine Muskeln wieder entspannt, bevor er sich bis zum nächsten Kampf seinen wohlverdienten Schlaf nachholt…

Bis zum nächsten Mal, wenn ich euch das Drucken zeige!!!

Eure Cherry

6 Kommentare:

  1. Wie gehabt auch den dritten Teil grandios erzählt, da ist man fast "mittenmang" dabei. Die Fotos sind auch wieder mehr als gelungen...so als völlig unbedarfter Laie, bin ich nur noch am staunen! Jetzt kann ich mir annähernd vorstellen, wie arbeitsintensiv das Siebdrucken ist, und freue mich schon auf Teil 4. ;-)))

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  2. In der Tat----super Fotos , Superlamp, Supersieb, Superfensterputzer---hehe

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  3. am allerallerallerbesten find ich die stelle, wo der fensterputzer kommt.. das gibt mir noch mehr antrieb, nach berlin zu ziehen, dann komm ich immer am donnerstag..

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  4. PUH, das klingt ja vielleicht arbeitsintensiv...
    voll beeindruckt bin ;-)))
    und mich auf die Fortsetzung freu!!! *♥*

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  5. Hey, man strampelt beim boxen nicht nur mal kurz auf der Stelle vor dem Kampf! Ein Warm-up dauert 30 Minuten, zumindest bei uns :-D

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  6. Tja, Frau Meerkatz, da können Sie mal sehen, WIE aufwändig Siebdruck ist *hehe*...

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Wer schreibt, bleibt!