Montag, 19. März 2012

An einem Sonntag im Tierpark Berlin


Eigentlich bin ich eine manische Zoogegnerin und das schon sehr lange… In der Grundschule habe ich damals, obwohl ich ein recht schüchternes Mädchen war, einen Heidenärger bekommen, weil ich mich weigerte, mit zum Schulausflug in den Antwerpener Zoo zu gehen. Es half alles nichts. Meine Boykotthaltung wurde von Seiten der Schulleitung ebenso manisch repressiert und ich sehe mich noch am Eingang des Zoos auf der Bank am Souvenirshop sitzen, bockig und aber auch ein bisschen traurig, während alle anderen Kinder sich einen Ast gefreut haben, die Affen im Käfig zu bestaunen und sich vor den Riesenspinnen in den Terrarien zu gruseln.

Warum es mich am Sonntag überkam, in den Berliner Tierpark zu gehen, kann ich nur mit dem Lesen eines Zeitungsartikels erklären, das sich mit der Finanzkrise des Ostberliner Zoos befasste. Es gibt in Berlin nämlich einen West- und einen Ostzoo. Der Westzoo (Zoologischer Garten) ist das Highlight jeder Touristenfamilie. Dort lebte auch bis zu seinem Tod die tragische Eisbärfigur Knut. Der Ostzoo (Tierpark Berlin) dagegen fristet ein klägliches Dasein, hat schrumpfende Besucherzahlen und ist hoch verschuldet. „Vielleicht gibt es ihn bald nicht mehr,“ flüsterte das böse Teufelchen auf meiner Schulter, „geh doch hin! Das Wetter wird heute auch traumhaft sein“. Vonwegen… Beim Losgehen schien die gelbe Sau zwar noch sehr verlockend, aber als wir dann vor Ort waren, begleiteten uns Regenwolken und ein sibirischer Wind, der sicherlich nur den Eisbären ein wenig Freude bereitet haben kann.

Ich muss zugeben, dass ich ein ganz schönes Gefühlskarussel in meinem seelischen Vergnügungspark zum Drehen gebracht habe mit diesem Tierparkbesuch. Einerseits fasziniert es mich, zu sehen, wie sehr sich Nashörner und Dinosaurier ähneln, festzustellen, dass Flamingos tatsächlich pink sind und nicht bübchenblau oder den Rangstreit bei der Fütterung der Zebramangusten zu bestaunen. Andererseits macht es mich auch traurig, festzustellen, dass die Raubkatzen und Eisbären aufgrund des Platzmangels ein sehr gestörtes Verhalten an den Tag legen und ganz unruhig und monoton immer wieder die gleichen Wege ablaufen als suchten sie einen Ausgang…

Manchmal hat es mich auch wütend gemacht… Wieso soviele Wiesen und breite Wege für die Besucher? Den Platz hätte man nutzen können, um die Tiergehege doppelt oder dreifach so groß zu gestalten…

Trotz der Gefühlswallungen gab es dennoch ein paar Schmunzelmomente an diesem Tag.

Da war das Chamäleon, das sein Gesicht sofort mit schwarzen Flecken tarnte als mein Freund mit schwarzem Pulli an das Terrarium kam. Ich fragte mich nur, wie es reagiert hätte, wenn mein Schatz ein Hemd mit Schottenmuster getragen hätte…

Da war der Elefant, der diebisch das Heu seines Nachbarns klaute, immer wenn dieser kurz wegguckte und gekonnt mit dem Rüssel durch die Gitterstäbe das Heu auf die eigene Seite „fegte“, obwohl es ihm an Futter nicht mangelte…

Da waren die Mäuschen, die so putzig aussahen, wie sie in ihrem lebensgroßen Futternapf von riesigen Möhren- und Apfelstückchen umgeben wie im Schlaraffenland tafelten…

Da war die Bedienung am Kaffee- und Fressstand, die einer ratlosen Kundin gelassen erklärte, dass die Toiletten sich im Elefantenhaus befinden, obwohl ihr Rückenaufdruck sowie die gefühlte dreidutzend Hinweisschilder diesbezüglich darauf hin deuteten, dass die diese Antwort vermutlich im Schlaf aufsagen könnte…

Da war die Wildschweinsau mit ihren vielen Frischlingen, die die ersten Sonnenstrahlen im Frühling genoss…

Und da waren die mutigen Elster und Krähen, die durch den Maschendrahtzaun schlüpften und sich die übrig gelassenen Fleischbrocken im Geiergehege schnappten, um dann flugs damit zum Leopardengehege zu fliehen, um unerreichbar für die Raubkatze auf den Felsen mit ihrer Beute zu prahlen…

Aber am witzigsten fand ich doch den Gedanken, wie die Seekühe es schaffen so dick zu werden, obwohl sie sich nur von Salatblättern ernähren…

In diesem Sinne am dick machenden Salatblatt packt,

Eure Cherry von Kirschblüten-Tsunami und Cherry Bomb

5 Kommentare:

  1. Ich denke, die Seekühe tun nur so, als ob sie sich von Salat ernähren. Nach Zooschluss kehren sie bei McDonalds ein...

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  2. Ich kann Dich verstehen. Ich bin allerdings noch sehr lange, gerne in den Zoo gegangen, schon der Kinder wegen.
    Nun hat sich da meine Ansicht auch geändert. Die Tiere sind eingesperrt, das stört mich.
    Klar, können auch bestimmte Arten erhalten werden. Aber große Anlagen für Besucher und weniger Platz für Tiere, das muß nicht sein.

    Hat eben alles zwei Seiten.

    LG
    Brigitte

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  3. Diese Ambivalenz teile ich. Als Kind war ich allerdings schon auch fasziniert von all dem Fremden.

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  4. "manisch repressiert" ist doch wieder was Schickes für Gildi. ☺
    Boah, ich liebe Ihr Geschreibsel, sehr schöne Zoogeschichten, mit sehr "niedlichen" Bildern und doch frisch und frech Kirschenlike geschrieben.
    Ich packe jetzt amüsiert weiter am Alltag und stelle mir das Chamäleon im Schottenmusterlook vor!

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  5. PS: Ich hatte beim Zoobesuch auch immer Bauchgrimmen, wo hört da die Tierliebe auf und wo fängt die Qual an?!
    Im Frankfurter Zoo haben sie endlich reagiert und zumindest den Affen und den Raubkatzen tolle Spielwiesen gebaut.

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