Eigentlich bin ich eine
manische Zoogegnerin und das schon sehr lange… In der Grundschule habe ich damals,
obwohl ich ein recht schüchternes Mädchen war, einen Heidenärger bekommen, weil
ich mich weigerte, mit zum Schulausflug in den Antwerpener Zoo zu gehen. Es
half alles nichts. Meine Boykotthaltung wurde von Seiten der Schulleitung ebenso
manisch repressiert und ich sehe mich noch am Eingang des Zoos auf der Bank am
Souvenirshop sitzen, bockig und aber auch ein bisschen traurig, während alle
anderen Kinder sich einen Ast gefreut haben, die Affen im Käfig zu bestaunen
und sich vor den Riesenspinnen in den Terrarien zu gruseln.
Warum es mich am Sonntag
überkam, in den Berliner Tierpark zu gehen, kann ich nur mit dem Lesen eines
Zeitungsartikels erklären, das sich mit der Finanzkrise des Ostberliner Zoos
befasste. Es gibt in Berlin nämlich einen West- und einen Ostzoo. Der Westzoo
(Zoologischer Garten) ist das Highlight jeder Touristenfamilie. Dort lebte auch bis zu seinem Tod die tragische Eisbärfigur Knut. Der Ostzoo (Tierpark
Berlin) dagegen fristet ein klägliches Dasein, hat schrumpfende Besucherzahlen
und ist hoch verschuldet. „Vielleicht gibt es ihn bald nicht mehr,“ flüsterte
das böse Teufelchen auf meiner Schulter, „geh doch hin! Das Wetter wird heute
auch traumhaft sein“. Vonwegen… Beim Losgehen schien die gelbe Sau zwar noch
sehr verlockend, aber als wir dann vor Ort waren, begleiteten uns Regenwolken
und ein sibirischer Wind, der sicherlich nur den Eisbären ein wenig Freude bereitet haben kann.
Ich muss zugeben, dass
ich ein ganz schönes Gefühlskarussel in meinem seelischen Vergnügungspark zum
Drehen gebracht habe mit diesem Tierparkbesuch. Einerseits fasziniert es mich, zu
sehen, wie sehr sich Nashörner und Dinosaurier ähneln, festzustellen, dass
Flamingos tatsächlich pink sind und nicht bübchenblau oder den Rangstreit bei
der Fütterung der Zebramangusten zu bestaunen. Andererseits macht es mich auch
traurig, festzustellen, dass die Raubkatzen und Eisbären aufgrund des Platzmangels
ein sehr gestörtes Verhalten an den Tag legen und ganz unruhig und monoton
immer wieder die gleichen Wege ablaufen als suchten sie einen Ausgang…
Manchmal hat es mich auch
wütend gemacht… Wieso soviele Wiesen und breite Wege für die Besucher? Den
Platz hätte man nutzen können, um die Tiergehege doppelt oder dreifach so groß
zu gestalten…
Trotz der
Gefühlswallungen gab es dennoch ein paar Schmunzelmomente an diesem Tag.
Da war das Chamäleon, das
sein Gesicht sofort mit schwarzen Flecken tarnte als mein Freund mit
schwarzem Pulli an das Terrarium kam. Ich fragte mich nur, wie es reagiert
hätte, wenn mein Schatz ein Hemd mit Schottenmuster getragen hätte…
Da war der Elefant, der
diebisch das Heu seines Nachbarns klaute, immer wenn dieser kurz wegguckte und gekonnt
mit dem Rüssel durch die Gitterstäbe das Heu auf die eigene Seite „fegte“,
obwohl es ihm an Futter nicht mangelte…
Da waren die Mäuschen,
die so putzig aussahen, wie sie in ihrem lebensgroßen Futternapf von riesigen
Möhren- und Apfelstückchen umgeben wie im Schlaraffenland tafelten…
Da war die Bedienung am
Kaffee- und Fressstand, die einer ratlosen Kundin gelassen erklärte, dass die
Toiletten sich im Elefantenhaus befinden, obwohl ihr Rückenaufdruck sowie die
gefühlte dreidutzend Hinweisschilder diesbezüglich darauf hin deuteten, dass
die diese Antwort vermutlich im Schlaf aufsagen könnte…
Da war die Wildschweinsau mit ihren vielen Frischlingen, die die ersten Sonnenstrahlen im Frühling genoss…
Und da waren die mutigen
Elster und Krähen, die durch den Maschendrahtzaun schlüpften und sich die übrig
gelassenen Fleischbrocken im Geiergehege schnappten, um dann flugs damit zum
Leopardengehege zu fliehen, um unerreichbar für die Raubkatze auf den Felsen
mit ihrer Beute zu prahlen…
Aber am witzigsten fand
ich doch den Gedanken, wie die Seekühe es schaffen so dick zu werden, obwohl
sie sich nur von Salatblättern ernähren…
In diesem Sinne am dick
machenden Salatblatt packt,
Eure Cherry von Kirschblüten-Tsunami und Cherry Bomb
Ich denke, die Seekühe tun nur so, als ob sie sich von Salat ernähren. Nach Zooschluss kehren sie bei McDonalds ein...
AntwortenLöschenIch kann Dich verstehen. Ich bin allerdings noch sehr lange, gerne in den Zoo gegangen, schon der Kinder wegen.
AntwortenLöschenNun hat sich da meine Ansicht auch geändert. Die Tiere sind eingesperrt, das stört mich.
Klar, können auch bestimmte Arten erhalten werden. Aber große Anlagen für Besucher und weniger Platz für Tiere, das muß nicht sein.
Hat eben alles zwei Seiten.
LG
Brigitte
Diese Ambivalenz teile ich. Als Kind war ich allerdings schon auch fasziniert von all dem Fremden.
AntwortenLöschen"manisch repressiert" ist doch wieder was Schickes für Gildi. ☺
AntwortenLöschenBoah, ich liebe Ihr Geschreibsel, sehr schöne Zoogeschichten, mit sehr "niedlichen" Bildern und doch frisch und frech Kirschenlike geschrieben.
Ich packe jetzt amüsiert weiter am Alltag und stelle mir das Chamäleon im Schottenmusterlook vor!
PS: Ich hatte beim Zoobesuch auch immer Bauchgrimmen, wo hört da die Tierliebe auf und wo fängt die Qual an?!
AntwortenLöschenIm Frankfurter Zoo haben sie endlich reagiert und zumindest den Affen und den Raubkatzen tolle Spielwiesen gebaut.