Sonntag, 10. Juni 2012

Die Lehre der Selbstüberschätzung

Ich weiß nicht, wer mir diese Lehre mal ins Hirn gestopft hat, aber ich scheine sie im Schlaf vielleicht inhaliert, auf jeden Fall aber, sehr verinnerlicht zu haben, die Selbstüberschätzung..
Im täglichen Allerlei auf dem Hof leide ich nur bedingt darunter, wenn ich viel zu schwere Arbeiten angehe und dann kaputt in der Ecke liege. Im Urlaub aber überkommt sie mich gnadenlos!
So auch in unseren Flitterwochen.
Beispiel gefällig?
Flitterwochen auf dem Darß

Der erste Urlaubstag brach mit kühlem Wetter, aber Sonnenschein früh um 6 Uhr an, weil die Prinzessin eben auch im Urlaub kein Halten kennt. Wir krabbeln also aus den Betten und nach der zweiten Tasse Kaffee strahle ich unternehmungslustig in die Runde und verkünde der versammelten Familie, das heute Stralsund und der Besuch des Ozeaneums auf dem Programm stehen.
Gesagt getan, ab ins Auto und los die fröhliche Tour.
In Stralsund angekommen gebe ich den lebendigen Navigator und lotse meinem Göga sanft aber bestimmt Richtung Ozeaneum. Da ich eigentlich nicht weiß, wo es lang geht orientiere ich mich an einem Verkehrschild mit P und Dach drauf und Ozeaneum darunter. Was es bedeutet ist mir schon klar, eine Parkmöglichkeit neben dem Ozeaneum....mir schwebt da so eine nette gepflegte Tiefgarage vor. Was sich aber meinem entsetztem Auge bietet, ist ein Parkhaus. Nun bekomme ich ab einer Höhe von zwei Metern über dem Meeresspiegel Schweissausbrüche, Angstzustände und Übelkeitsattacken---- und mein Göga kann nun nicht mehr umdrehen und fährt eine Etage, noch eine, noch eine, was???? Alles voll, also Gas und hoch. Oben angekommen, gebe ich leise wimmernde Geräusche von mir und suche den Fluchtweg. Meine Haare stehen zu Berge. Mein mir Angetrauter ist einigermassen Fassungslos, über meine Reaktion und versucht mich zu beschwichtigen. Ich höre und sehe nur nicht mehr sehr viel, bewege mich vorsichtig auf allen Vieren, um nicht über den Rand zu fallen, Richtung Treppe. Das Treppenhaus erweist sich als gläsernem Aussenanbau, aber Hilfe in Form einen Fahrstuhles, in den sich gerade eine fröhliche Familie quetscht steht parat. Ich hechte hinein, einen kleine dicke Frau, mit irrem Blick, kralle mich an die Haltestange. Leider konnte ich mir in meiner Hysterie nicht merken, in welcher Etage unser Auto nun vor sich hindämmert. Meiner Ansicht nach kurz vor dem Himmel.
Hafen von Stralsund

So, nun tapfer zum Ozeaneum. Das kann ich kurz machen. Nachdem ich durch die schicke moderne Glasfassade gesehen habe, dass dort Menschen auf einer Rolltreppe Richtung Himmel fahren und um sich viel viel Luft für den freien Fall, da hab ich dann verkündet, das ich das Meeresmuseum so wieso vorziehe. Dort war es auch wunderschön. In der zweiten Etage des umgebauten Kirchenschiffes ging es zwar wackelig, aber es ging. Um aber den Rundgang zufriedenstellend beenden zu können, müsste ich auch die dritte Etage erklimmen. Nach zwei Anläufen eine freistehende Holztreppe in den oberen Komplex zu bezwingen, erbarmte sich die Museumsfachangestellte und fuhr mich im Fahrstuhl eine Etage höher. Oben in luftiger Höhe ausgesetzt, bekam ich sofort einen irren Blick nach Sicherheit, der Fahrstuhl war weg. Der Schweiss brach mir in Strömen aus, ich tastete die Wand entlang, wimmernd, krallte mich an einem Eisbären fest und machte dem Göga unmissverständlich klar, dass er jetzt zu meiner Rettung sofort diese Museumsfrau mit Fahrstuhl besorgen muss...

Sanft führten sie mich von dannen.
der gestrandete Wal hätte ich sein können

Der Tag im Museum war sehr schön.

Endlich draußen.

Mein Göga fand auch nach einigen Stunden intensiven alleinigen suchens, das Auto wieder. Ich hab in der Zeit meinen Kreislauf stabilisiert und war zu allem bereit.

Als ich in unserem sicheren Auto saß, fragte ich übermütig in die Runde: und Mädels, wollen wir über die Rügendammbrücke fahren und auf die Ostsee schauen?


Mein Göga strahlt, Schatz, das Du diesen Vorschlag machst, ich danke Dir, ich wollte das auch vorschlagen, hab mich aber nach Deinem Benehmen im Museum nicht getraut....

Hö?????


die Brücke
Alle freuten sich, ich mich auch, bis---bis diese Brücke vor mir auftauchte. Nee so gross hatte ich gar nicht gedacht... also können wir nicht noch vielleicht wenden????

Nein wenden ging nicht. In höchster Not kreischte ich, verriegel die Türen----------
krallte mich in meinem Sitz fest, schob den Unterkiefer vor und bekam diesen starren Blick..............
waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh

Nach zweieinhalb Kilometern konnten wir dann wenden und weil es so schön war und es keinen anderen Weg gibt----

waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh

Der sagenhafte Blick auf die Ostsee blieb mir leider verwehrt....

Das war erst Tag eins, meines Abenteuerurlaubs Ostssee und meiner grenzenlosen Selbstüberschätzung.


Bleibt tapfer, eure Kalle von kallejasper und lieblingspuppen

10 Kommentare:

  1. Kalle, das liest sich aber ganz ganz schwer nach einer Fredtherapiegruppe :-))))))))

    *immernochlacht*

    AntwortenLöschen
  2. Dein Talent, die schwierigen Dinge humorvoll zu erzählen, ist toll!

    AntwortenLöschen
  3. Sei wie ein Fels, an dem sich beständig die Wellen brechen! Er bleibt stehen, während sich rings um ihn die angeschwollenen Gewässer legen...
    Marc Aurel ;-))) *♥zwinker*

    AntwortenLöschen
  4. LOL Kalle, ich kenn das, ich sag nur Ulmer Münster... und Leuchtturm in der Bretagne...

    AntwortenLöschen
  5. Leider oder zum Glück) kann ich das alles nicht nachvollziehen,
    wenn Du wirklich so leidest ist das ja Mist und verdirbt den Urlaub.
    Fahr an die Nordsee auf Eiderstedt, da ist es flach wie ein Brett, keine Höhen, nur Deiche und eine wunderbare Landschaft.

    LG
    Brigitte

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Brigitte, herzlichen Dank für Deine Anteilnahme. Ich glaube, dass es sich bei mir wirklich um eine Charakterschwäche handelt, da ich wahrscheinlich auch die Eiderstauwand oder eine Wattwanderung bei ansteigendem Pegelstand unternehmen würde....
    LG Kalle

    AntwortenLöschen
  7. Kalle, dein Schreibstil und dein Humor dabei sind einfach göttlich!

    Liebe Grüße,
    Susa

    AntwortenLöschen
  8. Jetzt muss ich mir für meinen Tandem- Fallschirm- Sprung wohl eine andere Kandidatin suchen- dabei hätten wir so schön ausgesehen, beim gemeinsamen Geschwobe. *seufzt*

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ach das hört sich doch auf die Ferne ganz gut an...

      Löschen

Wer schreibt, bleibt!