Donnerstag, 16. Februar 2012

Der Elternabend

Gestatten- mein Name ist Elfe, Susannelfe, ohne die Lizenz zum Töten, was so ziemlich Jeden freut, der mein zweites Ich kennen lernt.

Eigentlich bin ich echt lieb und will nur spielen.
Ich bin ein Naturschnitzel, ohne Hang zu SchickiMicki oder überflüssigem Gedöns.
Mein Leben wird außerdem von meinem Sternzeichen bestimmt. Ich bin Jungfrau durch und durch, Astrologiebewanderte werden das als Pluspunkt werten können.
Somit vereine ich eigentlich Liebreiz, Ehrlichkeit, Bescheidenheit, Fleiß, Disziplin, Treue, Ordnung, Klarheit, Freundlichkeit, übermäßige Intelligenz und Tugendhaftigkeit in einer Person, und stelle das Ganze durch den richtigen Grad an Attraktivität zur Schau.

EIGENTLICH! Wäre da nicht der andere Teil in mir, der Teil, den man unter den Namen Ölfe, Elfenzahn oder auch Schlägerhippe kennt.
Dieser Teil kommt ab und an zum Vorschein und lässt besonders Die den gesamten Teil der mir gerade zur Verfügung stehenden Abneigung spüren, die diesen Teil hervor gerufen haben. DAS ist aber nicht mein Problem, denn so wie es in den Wald herein ruft, kommt es auch wieder heraus- diese Regel wurde lange vor meiner Zeit aufgestellt, ich spiele nur fair.
Es gibt die unterschiedlichsten Menschengruppen, und man kann sich ja zum Glück aussuchen, welcher Gruppe/ welchen Gruppen man sich anschließt. Somit wäre die Welt ein wunderbarer Ort, dem Paradise gleich, doch in jeder Gruppe und Stilrichtung gibt es DIE und ich könnte sie ALLE vermöbeln.
Meine Hauptabneigung richtet sich heute gegen DIE Eltern, eine ganz besonders fiese Gattung der Artikelgruppen, man kann ihnen einfach nicht entkommen, schon gar nicht, wenn man selbst Kinder hat.

Gestern war Elternabend und ich habe wieder mal das Grauen gesehen. Versteht mich nicht falsch, ich bin sehr kommunikativ und stehe voll auf konspirative und informative Sitzungen, und der größte Teil der mit mir Leidenen in betroffener Klasse ist echt nett. Aber auch in dieser Klasse gibt es DIE ELTERN, DEN VATER und DIE Mutter.

Bevor ich auf eine solche Veranstaltung gehe, muss ich mich vorbereiten, damit nichts und niemand zu Schaden kommt. Ungefähr eine Woche lang dränge ich mir selbst ein Antireizwort auf, für die gestrige Veranstaltung lautete es "Puschelhasi". Ich sage dieses Wort so lange auf, bis ich fast selbst zu diesem Wort geworden bin, damit ich, bevor es rot im Augenwinkel zu schimmern beginnt und der Stresstinitus zu einem betäubendem Horrorkonzert erkreischen kann, es innerlich aufsagen, mich daran festhalten und damit zur Ordnung rufen kann. Bisher hat es noch nie geklappt, aber man soll mir nicht nachsagen können, dass ich nicht ALLES versucht hätte. Dann packe ich meine Tasche, da kommt ALLES rein, was man zum Überleben eines solchen Abends braucht: Quellwasser gegen Dehydrierung, Kaugummi gegen Übelkeit, Kotztütchen falls die aktuelle Marke versagt, Taschentücher, um das Gröbste vom meist unschuldigen Sitznachbarn abzufeudeln, Bonbons gegen Unterzuckerung, Klemmbrett, verschiedene Schreibutensilien und noch so allerlei privates Gedöns, was jetzt hier nichts zu Sache tut. Waffen lasse ich generell zu Hause- wegen der Sicherheit.
Mein Überlebenstascherl sieht so aus:



Die Buttons sind aus dem Hause Kirschblüten-Tsunami und dienen nicht ausschließlich nur meiner persönlichen Belustigung. Bevor ich verbal ausfallend werde, lasse ich nämlich lieber den passenden Button sprechen, wie z.B. "Wer sind Sie, warum belästigen Sie mich", "Halt die Klappe", "Verzieh Dich", "Halts Maul und lies einfach", weil das oft wesentlich höflicher ist, als das, was mir im Falle des Elfen- Super- Gaus entfleucht.
Außerdem sind entsprechende Vorwarnungen mit inbegriffen, wie z.B. "Sozialphobiker". Jeder halbwegs intelligente Mensch hat spätestens nach der Ansicht dieses Buttons noch die Möglichkeit weg zu rennen, schnell, weit, einfach raus aus meiner schnell entflammbaren Aura.
Doch all diese wohl durchdachten Vorkehrungen perlen an DER MUTTER und DEM Vater ab, wie Wasser am Klützerlack, wie Keuschheit an Kachelmann oder Unmut am Häkelschlüppi, doch die Hoffnug stirbt zuletzt.

So sitze ich gestern Abend also erst noch motiviert in der zweiten Reihe, neben mir nur die Wand und andernseits zwei leere Stühle. Die Klasse füllt sich und mit dem anschwellenden Stimmengemurmel meldet sich die mir wohlbekannte Übelkeit zwischen Vital- und Sakralchakra. Ich stopfe mir schnell zwei Kaugummis bis kurz vors Gaumenzäpfchen und konzentriere mich auf ein rhytmisches Auf und Ab meiner  beachtlichen Zahnreihen (Kieferorthopäde war nicht, wir hatten ja nüscht).
Da meldet sich eine DIE Mutter zu Wort und diskutiert schräg nebenan, genau in Reichweite meiner empfindlichen Hörmuschel, mit ihrer Sitznachbarin über das Zeugnis ihres Dschimmis. "Aaaaaaaaaaach, ich war zufrieden, der Dschimmi, der geht schon seinen Weg, jaaaaaaa, ganz toll der Dschimmi, wasser hier für Fortschritte gemacht hat."
Vorsichtig luge ich auf meine Einladung, anscheinend habe ich mich nicht genügend vorbereitet, WAS genau war nochmal das Thema des heutigen Abends? KLASSENFAHRT, ach ja, das wars.
Erleichtert atme ich auf und stopfe mir sicherheitshalber noch zwei Kaugummis in den Mund und konzentriere mich darauf, meine Aura so weit auszudehnen, dass niemand auf die Idee kommt, sich neben mich zu setzen. "Entschuldigung, ist hier noch frei?" Ich merke, wie mir der Schweiß auf die Stirn zu glitzern droht, stelle aber fest, dass nicht unmittelbar ich gemeint war. Dann steigt nackte Panik in mir auf, weil nur noch ein freier Platz zu sehen ist und eine DER Mütter noch fehlt. Da kommt sie auch schon, lässt sich ächzend neben mir nieder und strahlt mich an, als ob wir schon X Mal zusammen die Treppe runter gefallen wären.
PUSCHELHASI, PUSCHELHASI, PUSCHELHASI.
Bevor es zum ersten Eklat kommen kann, fängt die Klassenlehrerin zu sprechen an. Es folgen 20 gnädige Minuten, in denen der Rest der Versammelten schweigt, mein Puls beruhigt sich etwas. Jedoch hat er noch nicht die lebensbejahenden Sequenz erreicht, als auch schon die ersten Fragen aus den Mündern der bis eben Schweigenden schießen.
"Wie viel Taschengeld darf man denn mitgeben" (Wie viel haste denn über im Sparschwein?),
"Bekommen denn die Kinder auch auf den Ausflügen etwas zu essen" (NEIN, die machen eine komplette Fastenkur, mit Essen wäre teurer),
"Was sollen wir denn zum Anziehen einpacken" (Lass mich nachdenken, es geht an die Nordsee, wo es um die Jahreszeit zwischen 12- 18 Grad hat, pack doch einfach Schwimmzeug und Shorts ein, das langt), "Dürfen die Kinder Handys mitnehmen" (WIESO EIGENTLICH?),
"Hier sehe ich eine Liste, was wir ungefähr einpacken sollen. Aber darauf steht, dass der Koffer nicht zu schwer werden soll, reicht ein Schlafanzug?" (Wenn dein Kind noch einnässt, könnte es Probleme geben!).
DAS geht noch Minutenlang so weiter und weil die Fragen immer dümmer werden (VERDAMMT, ES GIBT WOHL DUMME FRAGEN, wer was anderes behauptet, ist in Narnia groß geworden), macht mir das innerliche Antworten keinen Spaß mehr.
Außerdem habe ich mich mental schon so in Fahrt geredet, dass die Gefahr besteht, dass ich laut antworte. Also stopfe ich den Rest der Kaugummis auch noch eini und bin dadurch erst mal vom Geschehen abgelenkt, weil ich erkennen muss, dass man auch an zuviel kleinen Streifen ersticken kann. Besonders wenn man ungläubig zu schnell Luft holt. Durch die Gesetze der irdischen Physik, ploppt so ein Monsterkaugummi doch mal schnell vor die Luftröhre.
Die Einleitung eines DER Vaters "Wir waren mal an der Nordsee und da...blablubberblablabla", hat mich geschafft. Keiner traut sich den völlig unnötigen Monolog zu unterbrechen, die Klassenlehrerin schaut gequält. Also nehme ich das Ganze dezent mit den Worten "Schätzelein, der Ort der Klassenfahrt ist schon beschlossen, wir brauchen hier weder Werbung noch Entscheidungshilfe!" in die geballten Hände.
SO, JETZT IST ES PASSIERT, die ÖLFE ist auch zum Meeting erschienen, scheiß auf Puschelhasi und gute Erziehung, was zu viel ist, ist zu viel. Peinliches Schweigen, gepaart mit unauffälligem Gehüstel beherrscht sekundenlang den Raum.
Die Klassenlehrerin ist auf Zack und redet einfach an zuvor unterbrochener Stelle weiter, und wir tun jetzt alle mal so, als wäre nichts gewesen. Sie beendet den doch noch recht interessanten Vortrag mit den Worten "Hat noch irgendjemand eine Frage?"
Alles schaut in meine Richtung, ich starre grimmig zurück. Denn obwohl der eigentliche Elternabend zu diesem Thema erst im April stattfinden soll (GRUNDGÜTIGER!), hat die kleine Einführung zu diesem Thema für meinen Geschmack definitiv zu viel meiner wertvollen Lebenszeit beansprucht.
Die schauen ja immer noch, also sage ich laut, klar und deutlich "ICH NICHT, aber tut euch keinen Zwang an", was ich fast zur selben Zeit wieder bereue. DER Vater möchte nämlich noch einmal bisher Gesagtes zusammenfassen UND kommentieren, was er auch ohne Scheu tut. Mir fehlt die Kraft, um ihn zu stoppen, alle Anderen sind anscheinend Memmen oder ebenfalls kraftlos. Mit morbider Faszination stelle ich fest, dass er für die Zusammenfassung länger braucht, als seine Vorrednerin. In Gedanken stülpe ich ihm den Mülleimer über den Kopf, haue beherzt mit aller Kraft dagegen und singe dabei "Er hat mich tausend Mal belogen".
Lautes Geklopfe reißt mich aus meinem Traum, ich springe auf und will eilig von dannen ziehen.
Da ertönt ein lautes "HAAAAAAAAALT, eine Sache noch, es geht um die Klassenkasse".
Das bringt mich kurz an den Rande der Hyperventilation, denn das Thema Geld bringt nie was Gutes, außer der verhasste Erbonkel wird vom Blitz getroffen und hat einen im Testament bedacht.
Aber in einer Elternrunde ist DAS das gefährlichste Thema überhaupt, noch schlimmer als das Impfthema oder die Diskussion um die Einstellung zur Erziehung. Wobei mir bei Letzterem einfällt, dass ich vergessen habe zu erwähnen, dass DIE Eltern IMMER auch ADS- Kinder haben. NEIN, ich meine jetzt nicht die namensverwandte, tief zu bedauernde Krankheit, die schon so manchen Sprössling der Neuzeit im Würgegriff hat, darüber würde ich niemals scherzen.
Mit ADS ist hier das Syndrom gemeint, was einen selbst erfasst, wenn man mit einem dieser Kinder länger als zwei Minuten in einem geschlossenen Raum verbringen muss. Jeder nette Mensch denkt dann nämlich mehr oder weniger unfreiwillig "Ach Du Scheiße".  ICH sage es auch!
Aber zurück zum Abend, wir werden schließlich Alle nicht jünger.
Es folgt eine halbe Stunde, die ich an dieser Stelle nicht näher erläutern möchte, denn auch weniger Zartbesaitete dürften jetzt schon an ihre Grenzen gekommen sein.
Nur soviel sei gesagt- ich bin danach in einer Art Rausch, und hoffe aus tiefster dunkler Seele, dass ich auf dem Nachhauseweg endlich mal in eine brandgefährliche, typische Großstadtsituation komme, damit ich meinen, wie auch immer gearteten Angreifer so zu Klump prügeln kann, dass ihn noch nicht einmal die hochmoderne Technik der biometrischen Datenerfassung identifizieren kann, geschweige den seine DIE Mutter!

Danke für Eure Aufmerksamkeit, Ihr habt durch Eure Anteilnahme viele Leben gerettet, denn durch das Niederschreiben des Erlebten kann die Ölfe sich zurückziehen und der Sonnenschein Susannelfe geblitzdingst fleißig Karmaarbeit betreiben. Bis zum nächsten Mal, das ist keine Drohung, sondern eine unumgängliche Tatsache, es wird ein nächstes Mal geben. Hehe!

14 Kommentare:

  1. *umkipp*... kann es sein, das wir beide auf dem gleichen Elternabend waren und nur nicht gesehen haben?

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  2. Schwar nie auf einem Elternabend *Schweiss von der Stirn wische*.

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  3. *hypertnetiliert*
    *tränchentrocknet*
    :)))))))

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  4. Elfenzahn, GE-NI-AL *Applaus!!!!!!!!!!!*
    Ich höre GENAAAAAAAAAAU, wie Sie PUSCHELHASI PUSCHELHASI PUSCHELHASI sagen und versuchen, das innere Teufelchen in Zaum zu halten, das flüstert "los, beiß zu, es hat sich ausgepuschelhasit!!!!"... hehe...

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  5. Wird Zeit für den "PUSCHELHASI"-Button :-D

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  6. Wahhhh, ich lach mich weg, sehr gut getroffen!!! Nächste Woche steht DAS Grauen wieder an, möchte jemand mitkommen?! Herzliche Grüße,
    Miriam

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  7. Köstlich dieser Bericht. Ich habe Tränen gelacht.
    Der alltägliche Wahnsinn so humorvoll dargestellt - Hut ab.

    eine fred-pieperin
    Hedwig

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  8. Also ich hätte da noch mal eine Frage-----

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  9. Rollatorenplätze im Bus sind drölf Wochen vorher anzumelden und Häkelschlüppis werden auf links gewaschen oder wollten Sie wat Anneres wissen?

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  10. huch nun ja, Sie sind so schlagfertig, eigentlich ging es um die KLassenfahrt, also weil der Schonn Pjär der kommt Nachts immer noch in mein Bett und muss zum einschlafen ein wenig nuckeln und da wollt ich fragen, ob Sie wohl eine Ausnahme machen könnten? Also wir sind ja aufgeklärte Leute, nicht wahr?

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  11. Sind wir, sind wir, aber die Flachmänner müssense selbst finanzieren, das gibt das Klassenbudget nimmer her.

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  12. Antworten
    1. Jeder Artikel in diesem Blog stellt die Meinung der Autorin dar. Und ich finde Elfes Artikel überhaupt nicht "hassig". Die Adjektive zu Hass sind übrigens "verhasst" oder "hasserfüllt", "hassig" kenn ich nicht.
      Oder hat das was mit Hasen zu tun...? Puschelhasi kommt ja schließlich im Artikel vor...

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  13. Die Ölfe darf das und nach 5 Puschel"hassis", findet die Elfe das Ganze eher hopplig!

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Wer schreibt, bleibt!