Dienstag, 23. Oktober 2012

Ein Prosit auf die Gemütlichkeit?

Gemütlichkeit in Gengenbach
Vor ein paar Tagen war ich mal wieder unterwegs im Ländle, unter anderem in Gengenbach im Kinzigtal. Beim Anblick der schönen Fachwerkhäuser und der verwinkelten Gassen, die in der warmen Oktobersonne lagen, dachte ich an die bevorstehenden kalten Tage, Wochen und Monate.

Dabei fragte ich mich plötzlich, was eigentlich "Gemütlichkeit" ist?

Auf Englisch heißt Gemütlichkeit "coziness". Ein englischer "tea cozy" ist eine schlichte Mütze für die Teekanne, damit sie es gemütlich hat, sprich warm bleibt. Im Zuge dessen haben es die Teetrinkenden auch gemütlich, denn sie trinken heißen Tee und keine lauwarme Plörrre. Vielleicht.

Gemütlichkeit = Wärme?

Wenn ich an meine Wohnung im Winter denke, hat Gemütlichkeit definitiv etwas mit Wärme zu tun. Dieses Jahr erwäge ich die Anschaffung eines gemütlichen Holzofens, damit ich nicht mehr frieren muss und den hohen Stromkosten ein Schnippchen schlagen kann. Sofern meine Vermieterin nicht der Meinung ist, dass meine Gemütlichkeit ihr Haus abfackeln wird. Sonst heißt es weiterhin ungemütlich zu frieren und auf einen milden Winter zu hoffen.

Ensteht Gemütlichkeit durch Vertrautheit? Wenn man über mehrere Stunden zusammengepfercht in einem Bierzelt saß, kann es schon sein, dass eine gewisse Kuschelstimmung aufkommt. Man verbrüdert sich, zieht an einem Strang - nämlich dem gemeinsamen Bierkonsum - und man lauscht dem Humtata der Kapelle. Ihr seht schon,  dass Bierzelte und das dazugehörige Drumrum nicht gerade meine Auffassung von Gemütlichkeit sind. Lärm finde ich ungemütlich, ebenso das schafartige Pferchgefühl zwischen schwitzenden Leibern. Das erinnert mich eher an den Schulbus. Minus den Alkoholgeruch. Bierzeltseeligkeit geht Hand in Hand mit "Ein Prosit...", das heißt also, dass Zusammenrudeln und maßloses (hehe) Trinken in Bierzelten zu überteuerten Preisen gemütlich sein soll? Wenn sich die Beteiligten später bierumnebelt die Maßkrüge an die Schädel schlagen, ist das Gemütlichkeit?

Circa Mitte der 80er-Jahre fand ich eine schwarz-weiße Einrichtung mit Chromregalen und Glastischen das Nonplusultra. Das Ganze wurde vorzugsweise in das Licht einer freistehenden Neonröhre getaucht. Erinnert ihr euch auch an die Szenecafés, die oft grell beleuchtet und kalt eingerichtet waren? Stahl, Chrom, schwarz, weiß.

Die 80er waren - zumindest in meiner Erinnerung - ein sehr kaltes Jahrzehnt. Kalter Krieg, Ostermärsche... eine Klassenfahrt in die Rhön zu den Grenzanlagen der DDR und später ein Besuch in Ostberlin inklusive Braunkohledünste und Smog sind mir aus dieser Zeit noch besonders gut in Erinnerung. Die Kälte und Künstlichkeit dieser Zeit spiegelt sich in vielen Bereichen wieder. Die betonte Eckigkeit von dicken Schulterpolstern, der Einrichtungsstil, die Musik der verschiedenen Synthiepop-Bands... Wenn ich mich zurückerinnere, kommen mir hauptsächlich extrem kalte Winter und die verschiedenen Szenelokale und -diskotheken, die ich damals besuchte, in den Sinn.

Kalt und ungemütlich also.

Gemütlichkeit und Wärme stehen sich also eher nahe.

Mit Wärme meinte ich nicht gerade die sengende Sommersonne oder die Wärme einer Sauna. Die Gemütlichkeitswärme entsteht eher durch das "Auspolstern" der heimischen Räumlichkeiten. Kissen, Decken, weiche, kuschelige Dinge und Ofenwärme, das all das strahlt für mich Gemütlichkeit aus. Wenn es draußen kalt ist und der Wind ums Haus pfeift, oder man nach einer Winterwanderung durchgefroren nach Hause kommt, dann ist nichts schöner, als in eine warme Behausung zu schlüpfen, sich eine Tasse heiße Schokolade zu kochen und sich unter einer Decke auf dem Sofa zusammenzurollen. Besonders glückliche Menschen (wie ich z. B.) besitzen darüber hinaus einen Heiznubier, der für zusätzliche Gemütlichkeit sorgt.

Und wie gemütlich ist es bei Euch?

Fragt Eure Doro von my-meerkat und klamottenlabel




5 Kommentare:

  1. Sogar im Englischen besteht das Wort Gemütlichkeit (Quelle Wikipedia:) "Gemütlichkeit (German pronunciation: [ɡəˈmyːtlɪçkaɪt] ( listen)) means a situation that induces a cheerful mood, peace of mind, with connotation of belonging and social acceptance, coziness and unhurry."

    Also, die Ergänzung dazu: es darf dabei auch nicht gehetzt werden und eine gewisse innere Zufriedenheit sollte vorhanden sein!!!!

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  2. Bei mir ist es sehr gemütlich----bei gemütlich fällt mir auch ein Lachen, etwas liegen lassen können---vielleicht so wieso lassen können? Ein Federbett ( mache ich demnächst für die Prinzessin) und eine große Tasse handgebrühter Kaffee...

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  3. "Man kann nicht lustvoll leben,
    ohne zugleich vernünftig zu leben,
    und umgekehrt nicht vernünftig,
    ohne lustvoll zu leben."
    Epikouros ....und mit ganz fett viel ♥LIEBE!!! *ichmirdaganzsicherbin*

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  4. DAS nenne ich mal wieder Synchronizität des Denkens und der Ereignisse, denn genau damit habe ich mich die letzten zwei Tage hauptsächlich befasst- dem "Auspolstern der heimischen Räumlichkeiten". ☺
    Es ist wieder sauber und entrümpelt, der Tee- Vorrat ist aufgestockt, die Kuschelecken sind hergerichtet, Kerzen und andere warme Lichtquellen stehen bereit und draußen pfeifen der Wind und die bunten Blätter- ich liebe das, jetzt macht mir Zuhause sogar das Arbeiten noch mehr Freude.
    Behagliche Grüße an Alle

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  5. Jeder definiert "Gemütlichkeit" sicher ein bisschen anders, besonders im Herbst - aber bestimmt ist immer Wärme und etwas Kuscheliges dabei!
    Und damit es bei uns daheim auch für mich gemütlicher ist, muss ich mich hie und da auch ein wenig um das Anheizen des Ofens "raufen", denn kalte Füße sind definitiv SEHR UNGEMÜTLICH!
    Und nun mit einer heißen Tasse Schokolade, Dir liebe Doro, zustimmend zuproste!

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